«Das hat mich fast mein Leben gekostet»

Ich setze mich keiner unnötigen Gefahr aus.

Müssen Lehrlinge eigentlich wissen, wie man einen Kollegen wiederbelebt? Und wer ruft den Arzt, wenn sich jemand den Finger einklemmt? Wir haben bei jungen Gleisbauern mal nachgefragt.

Wer die Stunden im Nothelferkurs bereits hinter sich hat, sollte eigentlich wissen, wie man sich in einer Notfallsituation verhält. Eigentlich. Wir können uns nämlich kaum noch an die genaue Position der Seitenlage erinnern – und schämen uns jetzt mal kurz dafür.

Doch wie sieht das bei Lehrlingen aus, die meistens gerade mal so alt sind, um sich legal ein Bier zu kaufen und den Nothelferausweis oft noch nicht im Sack haben? Woher wissen die Teenies, wie im Notfall zu handeln ist? Kleiner Tipp: Den Social-Media-Kumpels ein Foto des zerquetschten Fusses vom ohnmächtigen Arbeitskollegen zu snappen, ist keine sehr gute Idee. Um dem also mal auf den Grund zu gehen, haben wir bei Gleisbau-Lernenden und ihrem Berufsbildner nachgefragt.

Stolper- und Einklemmgefahr

Mit Sicherheitschef und Arbeitsleiter Zija Asani fahre ich dafür auf eine Gleisbaustelle in Schlieren an der Stadtgrenze zu Zürich. Asani ist gleichzeitig einer der beiden Berufsbildner der Lernenden. Bevor ich zu den fünf krampfenden Lernenden und zwei Schnupperlernenden der «login» Berufsbildung aufs Gleis kann, werde ich zuerst in orange eingekleidet und ordentlich instruiert: Nicht auf den Schienen oder Schwellen laufen – man könnte ja ausrutschen oder sich was einklemmen – und immer auf den Sicherheitswärter hören, wenn er Alarmsignale abgibt. Got it.

«Am häufigsten kommt es vor, dass jemand stolpert oder sich etwas einklemmt», erzählt Asani. Scheint eigentlich ziemlich harmlos, solange nicht gerade die Hand unter der Gleisschiene zerdrückt wird. Etwas brenzliger wird es aber bei Unfällen mit der Elektrizität: «Wenn jemand die Fahrleitung und deren Bauteile berührt, wird es lebensgefährlich», sagt der Ausbildner.

Bis zu 16 pubertierende Jungs und Mädchen

Wer hat denn jetzt das Sagen auf der Baustelle? Und wer trägt die Verantwortung? «Der Sicherheitschef und der Sicherheitswärter», so Asani. Denn beide haben den Nothelfer sowie einen zusätzlichen Kurs absolviert, um auf einen Notfall vorbereitet zu sein.

Und was ist mit den Lernenden? Bei einer Gruppe von bis zu 16 pubertierenden Jungs – und manchmal einem Mädel – steigt die Gefahr für Unfälle. Um da den Überblick zu behalten, braucht es zwei Berufsbildner. «Zu Beginn der Lehre ackern die Lehrlinge zuerst mal drei bis vier Wochen trockene Theorie, bevor sie an die Arbeit draussen dürfen», sagt Asani. Die Jugendlichen würden auf jede Maschine instruiert und zeigen ihrem Chef mit einer Unterschrift, dass sie das Gelernte verstanden haben.

Ausserdem steht bis zum Ende des ersten Lehrjahres eine Prüfung zum Thema «Sicherheit und Selbstschutz» an: «Wer diesen Test nicht besteht, darf kaum einen Schritt alleine machen.» Alleine über ein Gleis gehen ist nur erlaubt, wenn der Chef den Teenie im Blickfeld hat. Fast wie mit dem Verkehrspolizisten in der Schule also. Hart, aber nötig.

«Ich habe immer meine Notfallkarte dabei»

Der 16-jährige Raphael weiss, dass sein Job nicht ganz ungefährlich ist – nicht so wie im Büro: «Wir müssen immer extrem aufpassen und auf den Chef hören». Er fühle sich aber sicher, denn er weiss, wie er sich im Notfall verhalten muss. «Ich habe immer meine Notfallkarte mit allen wichtigen Telefonnummern und Adressen dabei und weiss, dass die Verletzten versorgt und der Ausbildner kontaktiert werden muss, falls mal etwas schief geht», sagt Raphael.

Das wichtigste bei der Arbeit als Gleisbauer ist eines: «Egal, was man gerade macht, man muss immer konzentriert sein», sagt Asani. Wenn jeder die Sicherheitsvorschriften einhält, kann auch nichts passieren. Und falls dies nicht immer ganz klappt, sage er den Lernenden als Betreuer und Sicherheitschef auch mal klipp und klar, wenn sie sich irgendwo aufhalten, wo sie nichts verloren haben.

Eine App, die Leben rettet

Bei einem Notfall zähle also jede Minute. Das wissen auch die Entwickler beim Schweizer Ubique Health, die gemeinsam mit einem Lausanner Arzt die App-Reihe «Echo112» entwickelt haben. Die App-Downloads sind gratis und können dir in Notfallsituationen den Arsch retten oder dich selber zum Helden machen . Sei das nun mit dem «Pocket Lifesaver», der mit nur einem Klick deinen Standort an die Notfallzentrale sendet, der «First Responder», der freiwillige Ersthelfer lokalisiert, oder mit der«Medial ID», die alle deine medizinischen Daten speichert.